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Murat Çakır

Die Falken sind wieder in München

Die »Münchener Sicherheitskonferenz« hat wieder einmal die internationalen Falken zusammengebracht. Außen- und Verteidigungsminister verschiedener Staaten, Vertreter der Waffenindustrie und Lobbyisten schmieden unter dem Titel »internationale Sicherheit« neue Kriegspläne und verhandeln über neue militärische Kooperationen.

Für die Waffenindustrie ist München ein El Dorado. Alleine die Aufzählung der größten Rüstungskonzerne, die daran teilnehmen, reicht aus, um auf die neuen Kriegsgefahren hinzuweisen. Denn, wenn man von der kapitalistischen Profitlogik ausgeht, dann kann man durchaus sagen, dass die Vertreter von DaimlerChrysler, Raketen- und Kampfflugzeugherstellern EADS, Boeing, Lockhead Martin und Northop Grumman Corp., Panzerherstellern Krauss-Maffei Wegman, Thales International und Rheinmetall AG sowie der Howaldswerke – Deutsche Werft AG in München nicht zum Biertrinken zusammen gekommen sind.

Das besondere an der diesjährigen Zusammenkunft ist es, dass neben den PolitikerInnen, Lobbyisten und den Rüstungsmanagern auch Industrielle und Banker sich treffen. Die Tatsache, dass Vertreter des Industrie- und Finanzkapitals auf gemeinsamen Einladung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) und des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) an dem »2. Finanzierungskonferenz Nordafrika – Mittelost« teilnehmen und gleichzeitig zur Teilnahme an der »Münchener Sicherheitskonferenz« eingeladen sind, ist sicherlich kein Zufall. Bei dem Konferenz der Banker und Industriellen geht es um den geographischen Raum von Marokko bis zum Iran. Und Iran ist wiederum eines der Hauptthemen der »Münchener Sicherheitskonferenz«. Wer das Einmaleins noch beherrscht, kann sich leicht ausrechnen, dass es in München um die Besprechung und Vorbereitung neuer imperialistischer Interventionskriege geht.

Was die »Herrschenden der Welt« vorhaben, kann aus ihren bisher umgesetzten Schritten herausgelesen werden. Nach jeder »Sicherheitskonferenz« wurde die Welt noch unsicherer. Denn hinter verschlossenen Türen besprechen die Vertreter der imperialistischen Kräfte, allen voran der USA und Kerneuropas, der Rüstungskonzerne sowie die Vertreter des Industrie- und Finanzkapitals, wie sie ihre geostrategischen, geopolitischen und geoökonomischen Interessen am besten wahren und die Hindernisse vor dem freien Zugang zu den Rohstoff- und Energiequellen beseitigen können.

Leidtragende der von den politischen und wirtschaftlichen Eliten des Westens auf globaler Ebene koordiniert umgesetzten neoliberalen und militaristischen Politik sind die Völker der Erde. Allen voran, die Völker der Länder, die Rohstoff- und Energiequellen besitzen. Sie haben einen hohen Preis zu zahlen: Krieg, Terror, Hunderttausendfacher Tod, Sozial- und Demokratieabbau, ökologische Katastrophen, autokratische und despotische Regime. Kurzum, den Preis der Barbarei.

Linke Kräfte in Deutschland sind deshalb zusammen gekommen, um gegen die Konferenz der Kreigstreiber zu protestieren. Aber diese Proteste sind alles andere als »Massenhaft«. Denn die Mehrheit der bundesrepublikanischen Gesellschaft glaubt immer noch daran, dass diese Politik sie nicht beeinflusst. Doch sie irren sich gewaltig. Weil die Militarisierung der Außenpolitik der entwickelten kapitalistischen Länder und Interventionskriege in einem engen Zusammenhang mit der chronischen Massenarbeitslosigkeit, sich ausweitenden Armut, Sozialabbau, Aushöhlung der Demokratie, der Prekarisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse und dem Druck auf die Löhne stehen. Die Mehrheitsgesellschaften in Europa, die in Zeiten der Systemalternative durch die Teilhabe an dem Reichtum, das sich wesentlich auf der Ausbeutung der Dritten Welt gründete, sich an einen gewissen Wohlstand gewöhnt haben, sind nicht in der Lage zu sehen, dass der sogenannte »Krieg gegen Terrorismus« gleichzeitig auf sie gerichtet ist und die Interventionskriege, die jedes Jahr Hunderttausende von Menschen das Leben kosten, in Form des Terrors, der nicht endenden Flüchtlingsströme und der Verschlechterung ihrer Lebens- und Arbeitsverhältnisse zurückkommen.

Die Antwort der deutschen Mehrheitsgesellschaft auf diese Entwicklung beschränkt sich in Wohlstandschauvinismus, Rassismus und Rechtspopulismus. Gerade in einer solchen Zeit, wo die europäische Gesellschaften eine »neue Aufklärung« mehr als notwendig haben, vermag die gesellschaftliche wie politische Linke in Europa kaum über den national-europäischen Tellerrand zu schauen. Daher können die Falken ohne großen Widerstand mitten in Europa zusammenkommen und hinter verschlossenen Türen neue Kriegspläne schmieden.

Ich befürchte, dass diese Situation noch lange fortwähren wird. Bis vielleicht, die Unterdrückten in der Peripherie des Westens irgendwann sagen: »Sozialismus oder Barbarei!«

Am 10. Februar 2007 veröffentlicht in der Tageszeitung »Yeni Özgür Politika«

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