Alex Katz

"Ich habe nie einen vollgültigen Mitgliedsausweis der Avantgarde bekommen, was zur Folge hatte, dass ich in den 60er Jahren nicht in Avantgarde-Museen ausstellen konnte," sagte Alex Katz in einem Gespräch mit dem Maler und Fotografen Richard Prince (1991). In der Tat war Katz von Beginn an Außenseiter in der amerikanischen Kunstszene. Mit Jackson Pollock brach der abstrakte Expressionismus aus. Maler, die figurative Kunst bevorzugten, galten als konservativ, altmodisch. Machismo, Pathos, Chaos - die neuen Künstler verstanden es bestens, sich selbst zu inszenieren. Alex Katz konnte mit diesem Auftreten nichts anfangen. Er begeisterte sich eher für Stan Getz, einem der bedeutendsten Verteter des Cool Jazz. Und so waren auch Katz Bilder - kühl, distanziert. "Ich bevorzuge eine Kunst, die etwas distanzierter ist, vor einer persönlichen Kunst. Obsessive Kunst wird mir zu persönlich, man muss sich mit der Person auseinander setzen," sagte er in einem Interview mit Constance Lewallen (1990). Kühl waren für ihn Velázquez, Tizian, Tintoretto, Courbet.

Tizian - Maria mit Kind
Katz, 1927 als Sohn russischer Einwanderer in New York geboren, studierte 1946 bis 49 an der dortigen Cooper Union Art School. Während dieser Zeit lernte er das Werk Jackson Pollocks kennen, der mit seinem "Drip Painting", dem Auftragen von Farbtropfen aus einigen Zentimetern Entfernung, gerade den abstrakten Expressionismus zur neuen Avantgarde erhob. Für Katz war diese Begegnung prägend: "Ich bewegte mich in einer Kunst, die mit Flächen zu tun hatte - der Kubismus, sogar Matisse ist in seinen Flächen, wo alles passierte, ziemlich dicht - und Pollock benutzte ein Licht, das sich einfach überall ausbreitete. Licht wurde zur Struktur, und nicht mehr das Vor und Zurück auf der Oberfläche und den einzelnen Flächen. Es war eine andere Art, ein Gemälde zu machen, und es war sehr befreiend" (zu Constance Lewallen, 1990). Doch im Gegensatz zu Pollock mochte Katz nicht auf den Gegenstand verzichten. Dies drängte ihn ins künstlerische Abseits. Viele Kritiker reagierten feindselig auf Katz' Werk. Die Ablehnung stärkte ihn. Waren seine ersten Bilder noch kleinformatig, vielfarbig, so werden sie nun zunehmend großflächig, auf einige teilweise grellen Farben reduziert. Der Hintergrund wird monochrom.
Alex Katz - Marine 11 (1999)
Diese grellen Farben brachten ihn mit Pop-art in Berührung. Andy Warhol entwickelte aus der Idee der Katz-Portraitserie "Paul Taylor" (1959) seine eigenen Siebdrucke "Single, Double" und "Triple Elvis". Schnell wurde Katz als halbentschlossener Pop-art-Künstler abgefertigt, der lediglich nicht auf die mühvolle Handarbeit verzichten mochte. Katz malte keine Pop-art. "Pop-art handelt von Zeichen, während mein Werk von Symbolen handelt. Pop-art ist zynisch und ironisch. Mein Werk nicht. Das sind erhebliche Unterschiede. Pop-art ist modern. Mein Werk ist keine 'moderne Kunst', es kommt aus vielen Traditionen," sagt Katz selbst (David Salle, 2001). Katz hatte bereits 1960 seine Sujets entdeckt: Landschaften, Porträts, Figuren. Nun galt es, seinen Stil zu perfektionieren.

Bei der Katz-Retrospektive der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle geht der Besucher auch nicht durch eine Werk-Geschichte vom Anfang bis zur Gegenwart, sondern sieht auch schon mal Bilder von 2001 neben jenen aus den 60ern. "Der Kurator Kay Heymer und ich dachten beide, dass es nicht notwendig sei, die Ausstellung chronologisch anzuordnen," so Katz auf meine Frage, wessen Idee diese Anordnung war. Heymer schreibt dazu: "Da seine Bildidee seit dem Ende der 50er Jahre eine bemerkenswerte Kontinuität aufweist, stehen chronologische Erwägungen (...) nicht im Vordergrund." (Ausstellungskatalog Alex Katz, 2002).

Japanischer Maler 17.Jh.
Trotz dieser Kontinuität lässt sich im späteren Werk zunehmend Katz Interesse für Japan erkennen. Seine Landschaften werden suggestiver. Man steht vor einem dieser Bilder und bemerkt die von ihm ausgehende Ruhe und Energie. Alex Katz, spüren Sie eine Verwandtschaft zur traditionellen asiatischen Kunst?

Ja. Von diesen Bilder geht eine beruhigende Kraft aus und gleichzeitig sind sie zurückhaltend. Das mochte ich immer an ihnen.

In Tokio waren Ihre Ausstellungen immer äußerst beliebt. In Europa mussten Sie lange Zeit auf eine ähnliche Resonanz warten. Europäern, hatten Sie im Gespräch mit Constance Lewallen gesagt, sind meine Gemälde zu amerikanisch. Was ist daran amerikanisch?

Nun, ich denke, sie reflektieren einfach, wo sie entstanden sind.

Wer die diesjährige documenta 11 in Kassel besucht, wird eine Weile brauchen, ehe er auf Malerei trifft. Ist es heute schwieriger für einen Maler, eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen?

Es gibt nur ein bestimmtes Maß an Aufmerksamkeit und es gibt eine bestimmte Anzahl an Künstlern, die diese Aufmerksamkeit erhalten. Diese müssen miteinander konkurrieren. So war es schon immer!

Jackson Pollocks Werk war für Katz von Bedeutung. Derzeit läuft eine Filmbiographie von Ed Harris in den Kinos. Haben Sie sich den Film angesehen?

Die Vorschaubilder waren so miserabel. Ich werde ihn mir niemals anschauen.

Alex Katz - On Time (2001)
Sie sind in New York geboren, haben in der Stadt studiert und leben auch heute noch dort. Wie hat sich Ihr Verhältnis zur Stadt seit dem 11. September verändert?

Der 11. September war ein repressiver Akt gegen die persönliche Freiheit. Es ist die Pflicht eines Malers, darauf zu beharren, dass die Freiheit aufrechterhalten wird und die Stadt ist der Ort, an dem die persönliche Freiheit am stärksten zum Ausdruck kommt. Das Malen ist eines der besten Beispiele für die persönliche Freiheit und die Stadt ist unsere stärkste Kraft gegen den Terrorismus.

Alex Katz eigene Webseite: http://www.alexkatz.com

Kunst- und Ausstellungshalle Bonn: http://www.kah-bonn.de

Aus: a Vela - Das Kunstmagazin (Dezember 2002)
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