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Murat Çakır

»Ostermärsche«

Eigentlich hatte ich vor, auf die staatsnahen Lobbybestrebungen einzugehen, die mit dem Besuch einiger türkeistämmiger Abgeordneten aus europäischen Ländern in Nordzypern wieder auf die Tagesordnung kamen. Besonders in der letzten Zeit ist es zu beobachten, dass sowohl die Bestrebungen der türkischen Armeeführung als auch die der Erdogan - Regierung eine neue Qualität erreicht haben. Aber diese Veränderungen im Rahmen einer Kolumne analysieren zu wollen, wäre wohl sehr oberflächlich. Mit dem Hinweis, dass ich zu diesem Thema einen längeren Beitrag verfassen werde, möchte ich mich heute auf die Demonstrationen am Wochenende widmen.

Die Ostertage, die am Karfreitag beginnen und am Ostermontag enden, werden wie jedes Jahr zu einer Bühne für die traditionellen »Ostermärsche« der deutschen Friedensbewegung. Die Friedensbewegten werden gemeinsam mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen in vielen Orten demonstrieren und auf den Zusammenhang zwischen Neoliberalismus und Militarismus hinweisen.

In Verbindung mit den letzten Beschlüssen des Bundestages hat die Tatsache, dass die Militarisierung der deutschen Außenpolitik auf der Agenda der deutschen Friedensbewegung steht, eine besondere Bedeutung. Denn die umgesetzte Politik, die, abgesehen von der Linksfraktion, von allen im Bundestag vertretenen Parteien mitgetragen wird, hat Deutschland zu einer Partei und Förderer der völkerrechtswidrigen Interventionskriege gemacht.

Im April des Jahres 2007 ist Deutschland, die im Widerspruch zum eigenen Grundgesetz die Bundeswehr zu einer »Interventionsarmee« umgebaut hat, mit mehr als 9.000 Soldaten im Auslandseinsatz, nach den USA das zweite Land mit den meisten Soldaten im Ausland geworden. Im sogenannten Weißbuch, welche die Eckpunkte der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beschreibt, wird diese Situation wie folgt begründet: »Deutschland ist im hohen Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr und gesicherten Transportwegen im globalen Maßstab abhängig. (...) Energiefragen werden künftig für die globale Sicherheit eine immer wichtigere Rolle spielen. Daher muss die Sicherheit der Energieinfrastruktur gewährleistet werden.« Die Präventivkriege sollen einen Bestandteil der Verteidigungspolitik bilden (Siehe Weißbuch, Seiten 17 – 25).

Während die herrschende Politik in Deutschland mit der Argumentation der Energie- und Rohstoffversorgung ihre Außenpolitik militarisiert und neben der USA an dem imperialen Verteilung teilnimmt, wird mit dem Terror, die durch diese Politik verursacht wird, als Angstfaktor die Innenpolitik verschärft. Auf der einen Seite werden die Forderungen auf den Einsatz der Bundeswehr im Inneren immer lauter und gleichzeitig werden mit Hilfe der geschürten Ängste Grundrechte beschnitten und die bürgerliche Demokratie ausgehöhlt.

Auf der anderen Seite aber vervielfacht sich, parallel zu der Erhöhung der Zahl der Soldaten im Auslandseinsatz, auch die Profite der deutschen Rüstungsindustrie aus der globalen Rüstungswettbewerb und den Kriegen. Deutschland ist ein Kriegsgewinnler. Die EU-Ratspräsidentschaft wird genutzt, um diese Situation zu verfestigen und den EU-Verfassungsvertrag, mit der Aufrüstungszwang zum Verfassungsrang erhoben wird, nach einigen kosmetischen Veränderungen, von allen EU-Mitgliedsländern ratifizieren zu lassen.

In einer Zeit, in der 27.000 Atomsprengköpfe weltweit die Menschheit bedrohen, die Militärausgaben global auf über 1.118 Milliarden US-Dollar gestiegen sind und die, von dem reichem Westen aufgezwungene neoliberale Weltwirtschaftsordnung immer neue Kriege mit hunderttausenden von Opfern verursacht, haben die deutschen Rüstungskonzerne wieder einmal die Rolle des »Meister Tods« übernommen.

Aus diesem Grund hat der Widerstand der deutschen Friedenskräfte, gemeinsam mit den Globalisierungsgegnern, Gewerkschaften, MigrantInnenorganisationen und der politischen Linken gegen die herrschende Politik in Deutschland, eine besondere Bedeutung. Daher sollten auch die MigrantInnen, die von dem Abbau sozialer und demokratischer Rechte am meisten betroffen sind, den Kampf um gleiche Rechte und mehr Demokratie eng verbunden mit dem Kampf um den Frieden verstehen und ihren Platz innerhalb der deutschen Friedensbewegung nehmen.

Am 6. April 2007 veröffentlicht in der Tageszeitung »Yeni Özgür Politika«

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